Computer-Wissenschaftler der Universität Waterloo in Ontario (Kanada) haben eine Tastatur patentiert, die Tastaturkürzel in Abhängigkeit vom benutzen Finger auslöst. Sprich: Auf normalen Tastaturen kopiert man mit „Strg + C“ markierten Text. Auf der neuen Tastatur aus Waterloo könnte man mit diesen beiden Tasten noch zig andere Funktionen auslösen, je nach dem, mit welchem Finger man welche Taste drückt. „Mit unserer Arbeit nehmen wir uns eine ganz einfache Tastatur vor und bringen ihr ein paar neue Kunststücke bei,“ erklärt Daniel Vogel, einer der beiden Master-Studenten, die das System entwickelt haben.
Klingt super. Die Schreibgeschwindigkeit von uns Schriftdolmetscherinnen hängt ja unter anderem davon ab, wie viele Kürzel wir unserem Textprogramm (und uns selbst!) beigebracht haben. Ein „Kürzel“ ist dabei seltener eine Tastenkombination (wie „Strg + C“), sondern meistens eine Tastenfolge wie „gum“ für „guten Morgen“. Dieses System erreicht leider irgendwann seine Grenzen und es wird schwierig, für z.B. Begriffe mit ähnlichem Wortstamm noch leicht merkbare Kürzel zu finden. Nehmen wir z.B. „Montag“ und „Morgen“ – beidesmal wäre „mo“ ein super Kürzel. Aber es kann nur eines geben – sonst weiß das Programm nicht, welchen Langtext es nehmen soll. Oder Abkürzungen. „dsb“ ist ein prima Kürzel für „Deutscher Schwerhörigenbund“, aber wenn eine Sprecherin nun mal „DSB“ sagt und nicht den langen Namen, stört das Kürzel nur. Da wäre es doch toll, wenn sowas wie „Mittelfinger-links-d“ – „Ringfinger-links-s“ – „Zeigefinger-rechts-b“ das Kürzel auslösen würde und „Zeigefinger-rechts-d-s-b“ einfach nur die Großbuchstaben raushaut.
Hier ist das Video der Entwickler (YouTube, ca. 4,5 Minuten, Englisch):
Für die Bedienung von Programmen wirkt das ganz praktisch. Ich frage mich aber, wie gut sich diese neuen Kombinationen mit 10-Finger-Blindschreiben vertragen. Gerade der schräge Daumen und die offene und geschlossene Handhaltung weichen so stark von der normalen Handhaltung von Fingerposition ab und unterbrechen den Tippfluss. Mit Tastatur-Layouts wurde ja schon wie rumexperimentiert, aber es hat einen Grund, warum Tastaturen für westliche Sprachen so aussehen, wie sie aussehen.
Und außerdem ist ein anderer wichtiger Faktor beim Schnellschreiben ganz einfach das Muskelgedächtnis der Finger: Wenn man ordentlich trainiert, „wissen“ die Finger bald, wo welche Taste liegt und wie die Handhaltung für welchen Buchstaben und welche Buchstabenabfolge ist. Irgendwann „wissen“ die Finger auch, wie man ganze Wörter schreibt. Sich neue Bewegungsmuster anzutrainieren macht einen zumindest am Anfang erst einmal langsamer.
Die Fehlerquote der Studienteilnehmer lag bei 1,9%. Nicht schlecht. Leider konnte ich nicht rausfinden, mit welchem Tempo die Probanden ohne und mit den Finger-spezifischen Kürzeln Fließtext produziert haben und was das neue System beim Schnellschreiben tatsächlich bringen würde.
Via Springwise
Mehr Infos (auf Englisch): Pressemeldung „Finger-specific key presses could speed up computer interaction“ und „Finger-Aware Shortcuts“ – Projekt-Website von Jingjie Zheng und Daniel Vogel